Die FAZ schrieb am 16.12.2005:
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„Bundeskanzlerin“: Seit 2004 auch im Duden zu finden
Die konkreten Auswirkungen dieser Prophezeiung bemerkt wohl als erster der Berliner Student Lars Heitmüller. Er sichert sich 1998, als Dagmar Schipanski ansetzte, CDU-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten zu werden, die Internet-Adressen bundespräsidentin.de, bundeskanzlerin.de und gleichberechtigung.de. Im Oktober 2001 meldet sich bei ihm die von der CDU für den Bundestags-Wahlkampf 2002 engagierte Werbeagentur McCann Erickson - und zeigt Interesse an bundeskanzlerin.de. Heitmüller ist amüsiert, daß Frau Merkel noch nicht ihre Kanzlerkandidatur erklärt hat (die überläßt sie dann beim Frühstück von Wolfratshausen am 11. Januar 2002 Edmund Stoiber), aber schon an die passende Internetadresse denkt. Er will aber erst dann von der Adresse lassen, wenn es auch wirklich eine Bundeskanzlerin gibt. Und er möchte sie nicht verkaufen, sondern symbolisch übergeben, um, wie er sagt, der Gleichberechtigung auf die Sprünge zu helfen.
Die sollte dann schneller kommen als gedacht. Der Duden, in dessen Auflage aus dem Jahr 2000 sich das Wort noch nicht findet, ist im Jahr 2004 so weit. In dieser Zeitung gelangt das Wort über fünf Nennungen (2001), neun (2002), vier (2003), 27 (2004) zum großen Durchbruch in diesem Jahr: Vom 1. Januar 2005 bis zum Freitag erschien "Bundeskanzlerin" in 397 Artikeln. So kam dann auch die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache unter dem Eindruck der Wahl Angela Merkels am 22. November auf das Wort. "Die Ableitung auf ,-in'", so meint die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anja Steinhauer, "ist inzwischen bei Berufsbezeichnungen üblich. Daher ist es selbstverständlich, daß Frau Merkel auch als Bundeskanzlerin bezeichnet wird - und das wollten wir dokumentieren."
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Wer Bundeskanzler.de eingibt, landet automatisch bei Merkel
Briefköpfe und Internet-Adresse sind ohnehin schon geändert. Wer im Internet bundeskanzler.de eintippt, wird auf bundeskanzlerin.de weitergeleitet. Denn Lars Heitmüller, inzwischen PR-Berater in Berlin und 30 Jahre alt, hat die Adresse dem Bundespresseamt in einer formlosen Zeremonie beim Kaffee mit dem neuen Regierungssprecher Ulrich Wilhelm übergeben. Daß die Bundeskanzlerin nicht dabei war, kann Heitmüller gut verstehen: "Sie hat jetzt Besseres zu tun, als sich um Domains zu kümmern." Im übrigen freut er sich darüber, "daß aus einer komischen Idee reale Politik geworden ist". Nun ist die Adresse bundespräsidentin.de bei ihm zu haben.