Veröffentlicht am 29. Mai 2025 | von Lars M. Heitmüller
Die re:publica 2025 war wieder ein Leuchtturm digitaler Debatten – und einer der eindrücklichsten Momente war die Eröffnungs-Keynote von Prof. Dr. Björn Ommer, Informatiker und Mitentwickler des KI-Modells Stable Diffusion. In seiner Rede „Generative KI und die Zukunft der Intelligenz“ beleuchtet Ommer nicht nur technologische Entwicklungen, sondern auch deren Einfluss auf unsere Denkweise, unsere Gesellschaft und die globale Machtordnung.
🧠 Von System 1 zu System 2 – Wie KI unser Denken verändert
Ommer beginnt mit einer fundamentalen psychologischen Perspektive: Er greift die Theorie der zwei Denksysteme von Daniel Kahneman auf:
KI – besonders in sozialen Medien – wirkt oft als Verstärker von System 1, indem sie Inhalte auf Klickrate, Polarisierung und Emotionalisierung optimiert. Die Folge: Oberflächliche Urteile, Fragmentierung von Wahrheiten und ein Verlust der Fähigkeit zu gesellschaftlichem Diskurs.
🌐 Kommunikationsmacht durch Algorithmen
Im Zentrum steht für Ommer die Frage: Wer gestaltet die digitale Öffentlichkeit? KI ist nicht neutral. Sie kuratiert, priorisiert und formt Inhalte. Die kommunikative Beeinflussung geschieht auf mehreren Ebenen:
🧑🤝🧑 Werte, Identität und gesellschaftlicher Zusammenhalt
KI ist nicht nur technisches Werkzeug – sie ist ein kultureller Akteur. Ommer zeigt, wie generative Systeme unsere Vorstellungen von Normalität, Schönheit, Intelligenz und Identität prägen. Besonders problematisch: Wenn KI auf verzerrten Trainingsdaten basiert, reproduziert und verstärkt sie bestehende Vorurteile.
Ein weiteres Beispiel: Selfies mit KI-Filtern oder Avataren verändern unser Selbstbild – subtil, aber wirksam. Damit beeinflusst KI die Art, wie wir uns selbst und andere wahrnehmen.
🏛️ Digitale Souveränität: Europa zwischen Abhängigkeit und Aufbruch
Einer der eindringlichsten Abschnitte der Rede betrifft das Machtverhältnis zwischen den USA und Europa im KI-Bereich:
„Wenn wir nicht aktiv mitgestalten, werden andere über uns gestalten.“ – Björn Ommer
⚙️ Technologie nicht nur nutzen, sondern gestalten
KI ist für Ommer kein Schicksal, sondern ein Gestaltungsraum. Er ruft dazu auf, nicht nur Nutzer:innen, sondern Mitentwickler:innen zu sein:
Nur wenn KI offen, zugänglich und wertorientiert entwickelt wird, kann sie zu einem Werkzeug gesellschaftlicher Teilhabe werden.
📢 Fazit: Haltung entscheidet
Björn Ommer macht deutlich: KI ist keine neutrale Technologie – sie ist ein Spiegel unserer Werte, Machtverhältnisse und Prioritäten. Die Frage ist nicht, ob wir KI nutzen, sondern wie wir sie gestalten. Europa hat das Potenzial, einen eigenen Weg zu gehen – technologisch, ethisch und gesellschaftlich. Doch dafür braucht es Mut, Investitionen und ein neues Mindset.
„KI ist zu wichtig, um sie nur Technologiekonzernen zu überlassen.“
Für eine vollständige Ansicht des Vortrags können Sie die Aufzeichnung hier ansehen:
Björn Ommer, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitentwickler des KI-Modells Stable Diffusion, hielt auf der re:publica 2025 die Eröffnungs-Keynote mit dem Titel „Generative KI und die Zukunft der Intelligenz“. In seinem Vortrag beleuchtete er die Rolle generativer KI als kritische Ermöglichungstechnologie für den Übergang von einer Informations- zu einer Wissensgesellschaft. Dabei betonte er die Notwendigkeit eines grundlegenden Umdenkens im Umgang mit KI, um Souveränität im digitalen Zeitalter zu bewahren.